Rechte und Schutz der begünstigten Behinderten
Sozial- und Behindertenpolitik
Behindertenvertretung (Grundlagen)
Für den Inhalt verantwortlich:
Bernhard Hampl
Anmerkung 2011: Im Jahre 2004 wurde in unserem Bereich erstmals
eine Behindertenvertretung gewählt. Das vorliegende Positionspapier
diente der Standortbestimmung und Wahlwerbung unserer
Behindertenliste sowie der Abstimmung zwischen Betriebsrat
und Behindertenvertretung. An seiner Gültigkeit hat sich nichts
wesentliches geändert. Der damals geäußerte Optimismus
ist aber einer pragmatischeren Haltung gewichen: Manches wurde erreicht,
aber unseren Nachfolgern bleibt noch sehr viel zu tun. Trotzdem gibt es
keinen Grund, den Optimismus aufzugeben, auch wenn man als Behinderter
und als Behindertenvertreter oft viel Geduld benötigt.
Der Betriebsrat ging nicht nur auf die Forderungen der Behindertenvertretung
nicht ein, sondern verweigerte lange Zeit auch jede Zusammenarbeit mit ihr.
Nur langsam besserte sich das Verhältnis.
Der Name des Unternehmens bzw. des Betriebes wurde hier im Text durch
Platzhalter [ ... ] ersetzt und in der Druckfassung durch Schwärzung
unkenntlich gemacht.
Druckfassung des Positionspapiers
1. Allgemeines zur Situation der Behinderten
UN Resolution vom 20.12.1993, Bestimmung 13: Die Staaten sollen in regelmäßigen Abständen geschlechtsspezifische Statistiken und sonstige Informationen über die Lebensbedingungen Behinderter zusammenstellen.
Die Republik Österreich ist dieser Verpflichtung nur ungenügend nachgekommen. Der letzte verfügbare Behindertenbericht1 der Bundesregierung stellt lakonisch fest: Es gibt in Österreich keine präzisen Daten über die Anzahl von Menschen mit Behinderungen. Die letzten Daten stammen aus einer Stichprobenerhebung (1 % der Haushalte) des Statistischen Zentralamtes aus dem Jahre 1995. Demnach weisen 29,9 % der Bevölkerung zumindest eine körperliche Beeinträchtigung auf. Naturgemäß steigen die Prozentsätze mit dem Alter. Geschätzt wird weiters, daß etwa 1 % der Bevölkerung unter psychischen Behinderungen leiden (hier gibt es bezeichnender Weise überhaupt keine statistischen Erhebungen). Nach (auch nicht viel jüngeren) Hochrechnungen von Eurostat2 kann man davon ausgehen, daß 10,0 % der Bevökerung der EU leicht bis mittelschwer behindert (moderate disabled) und 4,5 % schwer behindert (severe disabled) sind (Mittelwerte der 14 EU Staaten im Jahre 2001, ohne Schweden). Die folgende Graphik zeigt, wie die Beschäftigung mit der Schwere der Behinderung abnimmt.
Erwerbstätigkeit der Bevölkerung in Alter zwischen 25
und 59 Jahren in Abhängigkeit vom Grad der Behinderung, EU-14
(ohne Schweden), 1996
Quelle: Disability and social participation
in Europe. 2001 edition. Eurostat, Seite 31 (ISBN
92-894-1577-0)
1) Bericht über die Lage
der behinderten Menschen in Österreich. Erstellt vom
Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen. 14.
März 2003, Seite 10
2)Disability and social
participation in Europe. 2001 edition. Eurostat, Luxembourg 2001,
Seite 8
Die sozialen Kosten der aus dem Erwerbsleben Ausgeschiedenen sind enorm. Die Sozialpolitik der meisten europäischen Regierungen zielt darauf ab, den Anteil der Rentenempfänger unter den Nicht-Beschäftigten auf Kosten der Arbeitslosen zu reduzieren, etwa durch Erhöhung des Rentenalters: Arbeitslose sind einfach billiger als Rentner. Eine humanere Maßnahme zur Senkung der Sozialkosten ist es, den Anteil der Beschäftigten und insbesondere auch der beschäftigten Behinderten zu erhöhen. In Österreich wurden dazu seit Ende des 1. Weltkrieges, der alleine in Österreich-Ungarn drei Millionen Verletzte hinterließ, Gesetze erlassen, die der leichteren Wiedereingliederung behinderter Menschen in das Berufsleben dienen sollten (Invalidenentschädigungsgesetz von 1919, Invalidenbeschäftigungsgesetz von 1920). Diese Gesetze sahen bereits die Verpflichtung von Betrieben zur Einstellung behinderter Menschen abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer, die Vorschreibung einer Ausgleichstaxe bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung, Schutzbestimmungen über Entlohnung und Kündigung sowie Vorschriften zur beruflichen Ausbildung vor. Im Jahre 1969 wurden die Zivilinvaliden einbezogen (Behinderteneinstellungsgesetz), 1992 wurde ein neues Behindertenkonzept erstellt, das die umfassende Eingliederung behinderter Menschen in möglichst alle Lebensbereiche als anzustrebendes Ziel festschreibt. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war die Aufnahme des Verbotes der Diskriminierung Behinderter in die Bundesverfassung am 9. Juli 1997:
Artikel 7. (1) Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.
Nun soll sich die Republik nicht übernehmen, wenn sie glaubt, die
Gleichbehandlung durch das Schicksal
gewährleisten zu können. Einiges läßt sich
aber doch tun: Im Behindertenkonzept 1992 der Bundesregierung, zudem sich
auch die derzeitige Bundesregierung in ihrem Behindertenbericht 2003 bekennt
(Das Behindertenkonzept ist die Leitlinie der Behindertenpolitik der
österreichischen Bundesregierung, Behindertenbericht 2003, Seite
30), sind u. a. folgende Grundsätze der Behindertenpolitik
aufgezählt:
| Prävention: Durch Vorsorgemaßnahmen soll nach Möglichkeit das Entstehen von Behinderungen vermieden werden. | |
| Integration: Behinderten Menschen muss die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden. | |
| Normalisierung: Das Leben behinderter Menschen soll sich möglichst wenig von dem nichtbehinderter Menschen unterscheiden. | |
| Selbstbestimmung: Behinderte Menschen sollen Entscheidungen, die sie berühren, im gleichen Maß wie nichtbehinderte Menschen selbst treffen oder zumindest an ihnen mitwirken. | |
| Hilfe zur Selbsthilfe: Die Hilfen sind darauf auszurichten, die Fähigkeiten des behinderten Menschen und seines sozialen Umfeldes zu stärken und ihm größtmögliche Selbstständigkeit zu verschaffen. |
Der Behindertenbericht kommt von diesen Grundsätzen her zu folgender
Forderung bezüglich der Arbeitswelt:
| Integration behinderter Menschen am offenen Arbeitsmarkt: Behinderten Menschen soll die Möglichkeit einer qualifizierten, zeitgemäßen Berufsausbildung sowie einer eigenen Erwerbstätigkeit gegeben werden. Der Zugang zu allgemeinen Ausbildungsmöglichkeiten und die Eingliederung in den freien Arbeitsmarkt haben dabei Vorrang vor Sondereinrichtungen. |
2. Grundsätzliches
Soweit Behinderte dazu in der Lage sind, ist es für die Gesellschaft als Ganzes sinnvoller (und billiger), Behinderte in Beschäftigung zu halten als sie in die Rente oder in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, mit oft hohen sozialen und medizinischen Folgekosten. Zu dieser für die Gesamtgesellschaft sinnvollen Senkung der Sozialkosten haben sich auch die international tätigen Unternehmen, die ja jeweils auch ein Teil der nationalen Gesellschaften sind, zu bekennen. Und zwar nicht nur in Hochglanzbroschüren über Social Responsibility.
Der Umgang mit Behinderten (und anderen Benachteiligten der Gesellschaft) ist auch ein Indikator für die soziale Kompetenz eines Unternehmens. Ein Betrieb, der sich weigert, seiner sozialen Verpflichtung zur Behinderteneinstellung nachzukommen, wird in seinen nicht-behinderten Mitarbeitern auch nichts anderes als Kostenfaktoren sehen, wobei das Humankapital wie anderes Kapital auch einer gewissen Abwertung unterliegt und bei entsprechendem Wertverfall abgestoßen wird. Nun ist niemand vor Krankheit und Behinderung gefeit, so daß eine derartige Einstellung eines Unternehmens zu Angst und inneren Grabenkämpfen führen muß. In der Folge leidet die Arbeit, schließlich sind Furcht und Streit nicht gerade ideale Arbeitsbedingungen. In weiterer Folge leiden die Produkte, die zwar billiger aber dafür schlechter werden. Langfristig werden solche Unternehmen unrentabel, und das Kapital, das den Programmen zur Kostenreduktion zunächst applaudiert, zieht zu anderen Unternehmen weiter. Gibt es nicht mehr genug profitable Unternehmen, ist die Antwort auf die Krise manchmal nur noch die großflächige Zerstörung der vorhandenen Wirtschaftsgüter. Nach dem Krieg beginnt der Kreislauf von vorne.
Diese Analyse der Konjunkturzyklen ist der Gesellschaft nicht neu, doch die Individuen vergessen sie immer wieder, wohl weil die Gespenster der Vergangenheit gerne verdrängt werden. Dabei hat das westliche Europa mit seiner sozial abgesicherten Markwirtschaft eine lange Periode des Friedens erreicht, wobei die soziale Absicherung sicher durch die Drohung des Kommunismus gefördert wurde. Mit dem Wegfall dieser Drohung fällt aber auch der unmittelbare Zwang zur sozialen Absicherung weg.
Die Behindertenliste sieht es als ihre Aufgabe an, bei [ ... ] für eine humanere Firmen- und Beschäftigungspolitik einzutreten, die sich mehr an langfristigem Nutzen als an kurzfristigen Kapitalmarktzielen orientiert. Als erfolgreiches Beispiel einer solchen Politik kann der Börsengang der Firma Google angesehen werden, bei dem sich die Firmeneigentümer vollen Handlungsspielraum gegenüber dem Kapitalmarkt gesichert haben: Das Festhalten an vorübergehend wenig lukrativen Sparten (wie bei [ ... ] lange Jahre die [ ... ]) sollte nicht durch sinkende Börsenkurse bestraft werden (das wurde durch die Ausgabe von Vorzugsaktien mit eingeschränktem Stimmrecht erreicht). Die Behindertenliste ist sich der Beschränktheit ihrer Mittel und Ausdrucksmöglichkeiten durchaus bewußt, meint aber, daß in einem Orchester auch das Triangel seine Funktion hat.
Derzeit sind im Bereich [ ... ] 45 begünstigte Behinderte beschäftigt. Bei etwa 3000 Beschäftigten sollten es nach dem Behinderteneinstellungsgesetz 120 sein. Die Tendenz ist abnehmend, d. h. die [ ... ] versucht, sich von ihren Behinderten zu trennen.
Das entspricht durchaus nicht dem Bild, das [ ... ] in der Öffentlichkeit bieten möchte. Einige Zitate aus den offiziellen Corporate Responsibility Reports der [ ... ] aus den Jahren 2002 und 2003 sollen den Stellenwert beleuchten, den die [ ... ] ihrem öffentlichen Erscheinungsbild hinsichtlich ihres Engagements für Behinderte beimißt (gesucht wurde nach allen Vorkommen von behind):
[ ... ] Corporate Responsibility Report 2002:
S. 5 | Aus [ ... ] Jahren Geschüftserfahrung wissen wir, wie wichtig eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern, Führungskräften, Kunden und Partnern für den dauerhaften Unternehmenserfolg ist: In Forschung und Entwicklung wie im Vertrieb, im Service wie in der internen Mitarbeiterführung und Personalpolitik. | |
S. 22 | An den Bedürfnissen der Menschen orientiert: Bericht über die Entwicklung eines Gestik-Computers | |
S. 26 | Werbung mit diversity (Vielfalt der Mitarbeiter): Equal Opportunities Policies in den USA, UK und Hongkong | |
S. 26 | Bericht über die Schaffung von Behindertenarbeitsplätzen in den Niederlanden | |
S. 30 | Beihilfen für Mitarbeiter mit behinderten Kindern in Spanien | |
S. 52 | Lernprogramm für geistig behinderte Jugendliche in Brasilien | |
S. 52 | Musiktherapie für Behinderte in Italien | |
S. 52 | Benefizkonzert zugunsten behinderter Kinder in Griechenland | |
S. 52 | Gemeinsames Training behinderter [ ... ]-Mitarbeiter mir anderen Sportlern in Deutschland |
[ ... ] Corporate Responsibility Report 2003:
S. 49 | Menschen mit Behinderungen integrieren: . . . im Berufsleben . . . : Bei [ ... ] in Deutschland arbeiten allein 3.600 behinderte Menschen; 30 behinderte Jugendliche machen derzeit bei uns eine Ausbildung. Schwerpunkte der Integrationsarbeit sind die gleichberechtigte Teilhabe auf allen Ebenen, bessere Karrierechancen in hoch qualifizierten Tätigkeiten, der Ausbau der Telearbeit, eine fundierte Ausbildung für möglichst viele behinderte Jugendliche. | |
S. 49 | Menschen mit Behinderungen integrieren: . . . in der Ausbildung . . . : Seit vielen Jahren bietet [ ... ] vorbildliche Ausbildungsmöglichkeiten für Gehörlose und Sehbehinderte. Gehörlose und schwerhörige Jugendliche können hier eine ganz normale Lehre durchlaufen. 23 haben in den letzten drei Jahren ihre Lehre erfolgreich abgeschlossen. Für dieses Engagement erhielt [ ... ] vom österreichischen Bundessozialamt und der Caritas eine Auszeichnung. Über das Bildungs- und Qualifikationsangebot Blind-e können sich Blinde und Sehbehinderte in Österreich in Informations- und Kommunikationstechnologien qualifizieren. | |
S. 49 | Menschen mit Behinderungen integrieren: . . . im Alltag . . . : Bericht über [ ... ]-Produkte, die im Rahmen der [ ... ] Access Initative für und unter Mithilfe von Behinderten entwickelt wurden (etwa Mobiltelephone für Behinderte oder eine sprachgesteuerte Fernbedienung) | |
S. 49 | Unterstützung eines Ausbildungszentrums für geistig behinderte Kinder in Ägypten | |
S. 49 | Förderung eines Rehabilitationszentrums für querschnittgelähmte Kinder in Rußland | |
S. 49 | Sponsoring eines Gehörtrainings für gehörbehinderte Kinder in China durch [ ... ]-Mitarbeiter | |
S. 49 | [ ... ] stellt förr 36 behinderte Kinder in Indien Hörgeräte zur Verfürgung | |
S. 49 | Unterstützung für ein Projekt für Hörbehinderte in Belgien | |
S. 49 | Veranstaltung einer Podiumsdiskussion über Behinderung in Deutschland | |
S. 49 | [ ... ] hilft Minenopfern in Kambodscha mit Rehabilitationsmaßnahmen und Arbeitsvermittlung | |
S. 56 | Länderportrait [ ... ]:
Das Unternehmen steht zu seiner Verantwortung Bei [ ... ] in Österreich ist es uns ernst mit der Verantwortung für unsere Mitarbeiter: Ausgeglichene, motivierte und gesunde Mitarbeiter sind uns wichtig. Deshalb bieten wir ihnen die Möglichkeit, am [ ... ]-Gesundheits- und -Fitnessprogramm teilzunehmen. Dabei können sie aus einem breiten Seminarangebot wählen. Um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, wurden an den großen Standorten in Wien in direkter Nähe zum Arbeitsplatz Betriebskindergärten eingerichtet, die eine ganzjährige Betreuung bieten. Für Menschen mit besonderen Bedürfnissen haben wir spezielle Ausbildungs- und Beschäftigungsmodelle entwickelt. Gehörlose und schwerhörige Jugendliche bilden wir mit der Hilfe von Gebärdendolmetschern aus, die auch neue Gebärden für technische Begriffe entwickeln. Sehbehinderte integrieren wir mit modernster Informationstechnologie (siehe auch Seite 49). Viele dieser Aktivitäten werden nun auch auf Zentral- und Osteuropa ausgedehnt. Beim Ausbau unseres Geschäfts achten wir auf die Steigerung der lokalen Wertschöpfung und die Schaffung von Arbeitsplätzen. [ ... ] will sich im gesamten Wirtschaftsraum als integraler Bestandteil der nationalen Wirtschaft und als Good Corporate Citizen etablieren und so mit hoher Verantwortung gegenüber der Gesellschaft die Voraussetzung für den Geschäftserfolg und das Wachstum der Zukunft schaffen. |
Inwieweit diese Darstellung mit dem [ ... ] Ethikkodex für
Finanzangelegenheiten verträglich ist, sei dahingestellt; nach
diesem sind leitende Angestellte u. a. dazu angehalten,
(3) | für eine vollständige, faire, korrekte, rechtzeitige und verständliche Offenlegung in allen Berichten und Dokumenten sowie in allen anderen öffentlichen Verlautbarungen zu sorgen; |
(4) | in gutem Glauben und verantwortungsvoll zu handeln, mit Sorgfalt, Umsicht, Kompetenz und Einsatzbereitschaft, ohne Tatsachen falsch darzustellen oder das eigene Urteil bzw. Entscheidungen sachfremden Erwägungen, etwa Vergütungsaspekten, unterzuordnen oder sich von solchen Erwägungen leiten zu lassen; im Zweifelsfall sollte jede Entscheidung eine konservative Bewertung von Geschäftsvorgängen erkennen lassen; |
(6) | ethisches Verhalten als verantwortungsbewusster Partner unter Kollegen und Mitarbeitern proaktiv zu fördern; |
(7) | alle einschlägigen Gesetze, Richtlinien und Regelungen einzuhalten; |
Die obige Eigendarstellung des Sozialverhaltens der [ ... ] zeigt aber deutlich, daß [ ... ] dem Bild in der Öffentlichkeit großen Stellenwert beimißt. Gleichzeitig zeigt sich aber auch das seltsame und etwas abgehobene Verständnis des Herausgebers des Corporate Responsibility Report von sozialer Verantwortung. Wenn etwa in einem Bericht eines global agierenden Konzerns auf ein Einzelereignis wie ein Benefizkonzert für behinderte Kinder verwiesen werden muß, um sozial verantwortungsvolles Verhalten zu belegen, dann ähnelt das stark dem Wohltätigkeitsverständnis von Erzherzoginnen, die sich für sozial halten, weil sie beim Verlassen der Kirche Almosen verteilen. Und wenn der Corporate Responsibility Report behauptet, [ ... ] nehme es ernst mit der Verantwortung für unsere Mitarbeiter: Ausgeglichene, motivierte und gesunde Mitarbeiter sind uns wichtig, weil sie am [ ... ]-Gesundheits- und -Fitnessprogramm teilnehmen dürfen, dann fragt man sich, woher die [ ... ]-Mitarbeiter Ausgeglichenheit und Motivation nehmen sollen. Vielleicht haben die dreihundert gekündigten Mitarbeiter des [ ... ]werkes Wien oder die dreihundert abgebauten [ ... ]-Mitarbeiter ein bißchen Ausgeglichenheit und Motivation hinterlassen, worum sich die verbliebenen Mitarbeiter dann raufen können. Aber natürlich sind Gesundheits- und Fitnessprogramme wichtig, alleine schon deshalb, weil Krankenstände die Lohnnebenkosten erhöhen.
Die Behindertenliste möchte ihre Forderungen aus einer Zielvereinbarung ableiten, deren Anerkennung bei [ ... ] durch Geschäftsleitung und Betriebsrat angestrebt wird.
Zielvereinbarung: Oberstes Ziel der Behindertenvertretung ist es, allen derzeit im Bereich [ ... ] beschäftigten begünstigten Behinderten ihren Arbeitsplatz zu erhalten, soferne sie das selber wollen. Weiters ist die Behindertenvertretung als Interessensvertretung der Behinderten bestrebt, den Bereich [ ... ] zum Wahrnehmen seiner sozialen Verantwortung zu bringen, indem die Anzahl der bei [ ... ] beschäftigten begünstigten Behinderten bis zur Höhe der Pflichtzahl ausgeweitet wird.
Diese Zielvereinbarung, die sich auf die Forderung des Behindertenkonzeptes der Bundesregierung zur Integration behinderter Menschen am offenen Arbeitsmarkt stützt (siehe oben), führt zu folgender Forderung an den [ ... ] - Betriebsrat:
Forderung: Die Behindertenvertretung fordert den Betriebsrat auf, sich per Betriebsratsbeschluß zu dieser Forderung zu bekennen und gemeinsam mit der Behindertenvertretung dafür einzusetzen, daá auch die [ ... ] - Bereichsleitung sich zu dieser Zielvereinbarung bekennt.
Damit auch die Bereichsleitung von [ ... ] sich zu dieser
Zielvereinbarung bekennt, wird eine Betriebsvereinbarung zur Integration
von Behinderten, angestrebt, die folgendes Ziel hat:
| Festlegen einer Firmenphilosophie zur Integration von Behinderten (Behindertenarbeitsplätze, Chancengleichheit, Erfüllen der Beschäftigungsquote, Einsetzen eines Behindertenbeauftragten aus dem Management durch die Bereichsleitung, . . . ) | |
| Eingliederung von Behinderten in die Projektwelt von [ ... ] (Umfrage unter den behinderten Beschäftigten von [ ... ], welche Arbeit sie bei welcher Behinderung zu leisten imstande sind; Umfrage im Management, welche Arbeit sie welchen Behinderten anbieten können; daraus sollte eine [ ... ]-weit gültige Richtlinie entstehen) | |
| Sensibilisierung von Management und Mitarbeitern bezüglich der besonderen Anliegen von Behinderten (etwa durch regelmäßige Behindertenberichte schriftlich oder auf den Betriebsversammlungen, durch die Evaluierung von firmenseitigen Maßnahmen in Bezug auf Behinderte, durch das Veröffentlichen von Best Practice - Beispielen, . . . ) |
Vom Betriebsrat erwartet die Behindertenliste, daß es sich zumindest so sozial verhält wie die derzeitige Bundesregierung und deren Behindertenkonzept unterstützt.
Die obige ausführliche Darstellung des sozialen Selbstverständnisses der [ ... ] soll ein Hinweis auf den Weg sein, auf dem man zu einer solchen Zielvereinbarung kommen könnte.
3. Schutzmaßnahmen für Behinderte das Behinderteneinstellungsgesetz (BeinstG)
Bei wirtschaftlichen Problemen eines Unternehmens, bei innerbetrieblichen Restrukturierungen oder persönlichen gesundheitlichen Problemen sind Behinderte weit stärker gefährdet, ihren Arbeitsplatz zu verlieren als gesunde Mitarbeiter. Junge, dynamische und unbegrenzt belastbare Mitarbeiter bringen einem Unternehmen unbestreitbar Vorteile. Behinderte können da meist nicht mithalten. Die verfassungsgemäße Gleichbehandlung durch das Schicksal kann eben niemand gewährleisten. Das Ausnutzen der alters- und gesundheitlich bedingten Stärke ähnelt dabei dem Ausnutzen der physischen Stärke. Um zu verhindern, daß der Stärkere dem Schwächeren seinen Willen allzu unverschämt aufzwingt, haben sich die meisten Staaten das Monopol auf Gewalt vorbehalten und die Schwächeren der Gesellschaft durch Gesetze vor der Willkür der Stärkeren geschützt. Damit werden Raub, Mord oder Vergewaltigung zwar nicht verhindert, aber zumindest unter Sanktion gestellt.
Auch Behinderte bedürfen eines Schutzes gegenüber der wirtschaftlichen Gewaltausübung der Konkurrenz der Jungen, Dynamischen und unbegrenzt Belastbaren, die sie aus dem Arbeitsprozeß hinauszudrängen versuchen (wir schleppen doch keine Krüppel mit). Natürlich bedürfen Behinderte auch des Schutzes vor der Begehrlichkeit der Unternehmen, deren Zielsetzung der Gewinnoptimierung vordergründig im Widerspruch zur den sozialen Erfordernissen der Gesellschaft steht (mein Gewinn steigt, wenn ich die Sozialkosten auf die Allgemeinheit abwälze).
Der Gesetzgeber hat nun, der Weisheit der am Wirtschaftsleben Beteiligten mißtrauend, eine Reihe von Schutzmaßnahmen für Behinderte vorgesehen, die ihnen die Integration ins Arbeitsleben erleichtern sollen. Gleichzeitig soll Unternehmen, die sich sozial verhalten, ein Ausgleich für den möglicherweise entstehenden Wettbewerbsnachteil geboten werden: soziales Verhaltens soll gegenüber unsozialer Konkurrenz durch Förderungen ausgeglichen werden.
Neben der Förderung des sozialen Verhaltens von Unternehmen stellt das Gesetz mit dem Diskriminierungsverbot unsoziales Verhalten unter Strafe, die bis zum Entzug der Gewerbeberechtigung gehen kann:
§ 87 Abs. 1 GewO (2002): Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde zu entziehen, wenn
1. | auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 23 zutreffen . . . oder | |
2. | [ . . . ] | |
3. | der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder | |
4. | der Gewerbeinhaber wegen Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 bestraft worden ist und diesbezüglich ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten zu befürchten ist. Schutzinteressen gemäß Z 1 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, . . . sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder etnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. IX Abs. 1 Z 3 EGVG4). |
3) Ausschlußgründe
gemäß § 13 Abs. 1 GewO sind u. a. Verurteilungen zu
einer (nicht getilgten) Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten.
Bei Personengesellschaften betrifft das den Gewerbeinhaber, bei
Kapitalgesellschaften jede natürliche Person, der ein
maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte
zusteht.
4)Einführungsgesetz zu
den Verwaltungsverfahrensgesetzen i. d. F. von Juni 1997
Das Diskriminierungsverbot ist für Behinderte - wie für andere Personengruppen auch - ein großer Fortschritt, löst aber die Benachteiligung durch das Schicksal nicht. Im Arbeitsleben sind Behinderte oft geduldete Minderleister. Der Arbeitgeber fragt sich, was so ein behinderter Mensch kostet oder wieviel Förderung er für ihn bekommen kann. Und die Kollegen, die meist auch unter Druck stehen, fragen sich, warum sie auf einen weniger Leistenden Rücksicht nehmen sollen. Das wünschenswerte Verhalten, sich zu fragen, wo ein Behinderter sinnvoll eingesetzt werden kann, wo er vielleicht sogar Stärken entwickeln kann, ist ein frommer Wunsch der Sozialpädagogen und der Verwalter des Sozialelends. In einer kapitalistischen Gesellschaft und insbesondere in Bereichen rascher technologischer Entwicklung sind auch nicht-behinderte Menschen permanent gezwungen, weit über ihre Leistungsfähigkeit zu arbeiten. Sollen sie da auf die Idee kommen, auf die Schwächeren der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen, noch bevor sie selber zu ihnen gehören?
Die logische Konsequenz aus dem Widerspruch zwischen gesellschaftlichem Interesse und Einzelinteresse ist der Eingriff des Staates. Das für den Bereich des Arbeitslebens maßgebliche Gesetz zum Schutze Behinderter ist das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG). Ein Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG), das erweiterten Schutz für Behinderte bieten wird, ist zur Zeit in Begutachtung. Die durchaus lesenswerten Stellungnahmen dazu von Arbeitgeberseite (WKO) und Arbeitnehmerseite (AK) beleuchten den gesellschaftlichen Widerspruch mit beidseitig bemerkenswerten Argumenten.
Das BEinstG ist das legistische Instrument der Bundesregierung zur Umsetzung der Forderung ihres Behindertenkonzeptes bezüglich der Integration behinderter Menschen in den offenen Arbeitsmarkt (siehe oben). Es legt genau fest, wer behindert und wer begünstigt behindert ist:
§ 3: | Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder psychischen Zustand beruht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich 6 Monaten. | |
§ 2 (1) | Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind Flüchtlinge mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH, denen Asyl gewährt worden ist, gleichgestellt, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind. Österreichischen Staatsbürgern sind weiters Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt. |
Die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten wird im allgemeinen vom Bundessozialamt festgestellt (§ 14 Abs. 1 Z a BEinstG). Da der Status als begünstigter Behinderter meldepflichtig ist, gibt es hier auch genauere Daten: Mit 1. 1.2002 gab es in Österreich 80.532 begünstigte Behinderte, davon 29.835 Frauen und 50.697 Männer (Bundesbehindertenbericht 2003, S. 107).
Das Ziel der Bundesregierung, Behinderte in den offenen
Arbeitsprozeß zu integrieren, wird durch das BEinstG durch vier
Maßnahmenpakete erreicht:
| durch eine Beschäftigungspflicht mit Sanktionen bei Nicht-Erfüllung, | |
| durch Förderung der Beschäftigung Behinderter, | |
| durch einen erweiterten Kündigungsschutz für Behinderte und | |
| durch ein innerbetriebliches Sprachrohr der Behinderten, der sog. Behindertenvertrauensperson. |
Für die Behindertenliste ist in erster Linie die innerbetriebliche Interessenvertretung der Behinderten durch die Behindertenvertrauensperson und ihre Stellvertreter von Interesse, deren Rechte und Pflichten im § 22a BEinstG geregelt sind.
Eine Behindertenvertrauenspersonen und eine stellvertretende Behindertenvertrauensperson können in Betrieben gewählt werden, in denen mindestens fünf begünstigte Behinderte dauernd beschäftigt sind. In Betrieben mit mindestens 15 dauernd beschäftigten begünstigten Behinderten ist eine zweite stellvertretende Behindertenvertrauensperson zu wählen.
Die Behindertenvertrauensperson und ihre Stellvertreter werden ausschließlich von den begünstigten Behinderten eines Betriebes gewählt (§ 22a Abs. 3 BEinstG); auch das passive Wahlrecht kommt nur den begünstigten Behinderten zu (§ 22a Abs. 4 BEinstG). Die begünstigten Behinderten eines Betriebes vertreten sich also ausschließlich selber; damit ist aber auch die Verpflichtung der Behinderten zum Engagement verbunden: anderenfalls gibt es keine eigene Behindertenvertretung.
Die Rechte der Behindertenvertrauensperson sind im § 22a
Abs. 7 bis 10 geregelt:
(7) | Die Behindertenvertrauensperson ist berufen, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der begünstigten Behinderten im Einvernehmen mit dem Betriebsrat wahrzunehmen. § 39 des Arbeitsverfassungsgesetzes5 ist sinngemäß anzuwenden. Der Betriebsrat ist verpflichtet, der Behindertenvertrauensperson bei der Wahrnehmung der besonderen Belange der begünstigten Behinderten beizustehen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. | |
(8) | Die Behindertenvertrauensperson (Stellvertreter) ist insbesondere berufen | |
a) | auf die Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hinzuwirken und darüber zu wachen, daß die Vorschriften, die für das Arbeitsverhältnis begünstigter Behinderter gelten, eingehalten werden; | |
b) | über wahrgenommene Mängel dem Betriebsrat, dem Betriebsinhaber und erforderlichenfalls den zum Schutz der Arbeitnehmer geschaffenen Stellen Mitteilung zu machen und auf die Beseitigung dieser Mängel hinzuwirken; | |
c) | Vorschläge in Fragen der Beschäftigung, der Aus- und Weiterbildung zu erstatten und auf die besonderen Bedürfnisse von behinderten Arbeitnehmern hinzuweisen; | |
d) | an den Sitzungen des Betriebsrates mit beratender Stimme teilzunehmen. | |
(9) | Der Betriebsinhaber ist verpflichtet, mit der Behindertenvertrauensperson zu beraten und die zur Erfürllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskürnfte zu erteilen. | |
(10) | Auf die persörnlichen Rechte und Pflichten der Behindertenvertrauensperson sind die Bestimmungen des 4. Hauptstürckes des II. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes6 bzw. die in Ausführung der §§ 218 bis 225 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, ergangenen landesrechtlichen Vorschriften sinngemäß anzuwenden; die darin enthaltenen Bestimmungen über die Ersatzmitglieder des Betriebsrates gelten sinngemäß auch für die persönlichen Rechte und Pflichten des Stellvertreters der Behindertenvertrauensperson. |
(1) | Ziel der Bestimmungen über die Betriebsverfassung und deren Anwendung ist die Herbeiführung eines Interessensausgleiches zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes. | |
(1) | Die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes sollen bei Verwirklichung ihrer Interessensvertretungsaufgabe im Einvernehmen mit den zuständigen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer vorgehen. |
Aus § 22a Abs. 7 BEinstG geht hervor, daß Betriebsrat und Behindertenvertrauenspersonen gemeinsam berufen sind, die Interessen der Behinderten zu vertreten, wobei Einvernehmen herzustellen ist. Nun sind die Interessen der Behinderten so vielfältig wie der Arten von Behinderung. Sie reichen von der Beseitigung kleiner Barrieren bis zum (erweiterten) Kündigungsschutz. Zu betreuen sind einerseits die derzeit beschäftigten 45 begünstigten Behinderten, deren Erfordernisse vielfältig und, da zunächst nicht bekannt, zu erheben sind. Andererseits ist ein Betrieb mit 3000 Mitarbeitern an fünf großen Standorten (mit unterschiedlichen Hindernissen) zu betreuen, wobei für eine effektive Behindertenpolitik nicht nur die Behinderten sondern auch Mitarbeiter und Management zu gewinnen sind. Zur Bewältigung so vieler und so vielfältiger Aufgaben ist eine einzige Person kaum in der Lage. Erschwerend kommt dazu, daß die Behindertenvertretung nur von Personen ausgeübt werden kann, die selber behindert sind. Deren Risiko, durch Krankheit, Berufsunfähigkeit oder Tod auszufallen, ist ungleich größer als dasjenige gesunder Kollegen. Da die Behindertenvertretung wie jede gewerkschaftliche Tätigkeit langwierige Einarbeitung und umfangreiche Kenntnisse erfordert, ist hier eine Risikostreuung besonders wichtig.
Die Behindertenliste möchte daher die Behindertenvertretung auf eine breitere Basis stellen. Da nun § 22a Abs. 7 BEinstG den Betriebsrat verpflichtet, der Behindertenvertrauensperson bei der Wahrnehmung der besonderen Belange der begünstigten Behinderten beizustehen, soll die Behindertenvertretung um Betriebsratsmitglieder erweitert und die Stellung der stellvertretenden Behindertenvertrauenspersonen aufgewertet werden. Dies soll in der Form eines ständigen, nicht-geschäftsführenden Betriebsratsausschusses erfolgen. Basis dafür ist einerseits die Betriebsratsgeschäftsordnung (BRGO), und zwar §§ 16 bis 19, andererseits das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), und zwar §§ 69 und 70. Dies führt die Behindertenliste zu folgender Forderung an den Betriebsrat:
Forderung: Der [ ... ]-Betriebsrat soll die Errichtung eines
ständigen nicht-geschäftsführenden
Behindertenausschusses beschließen, der die
Interessen der behinderten Mitarbeiter vertreten soll. Als
Mitglieder dieses Ausschusses sind vorzusehen:
| die Behindertenvertrauensperson und ihre beiden Stellvertreter und | |
| je ein Mitglied der drei im Betriebsrat vertretenen Fraktionen. |
Neben der Forderung nach einem Behindertenausschuß werden im Laufe der Arbeit weitere Forderungen entstehen, die sich nach Art und Umfang der notwendigen Aktivitäten richten. Sie sollen zunächst nur aufgezählt werden, da über sie der Behindertenausschuß beraten soll (wenn der Betriebsrat keinen derartigen Ausschuß beschließt, entscheidet die gesetzliche Vertretung alleine):
| Zeitkonto für den Behindertenausschuß (analog zu den Fraktionskonten) für die Teilnahme an den Ausschußsitzungen und an Besprechungen | |
| Büroräumlichkeiten und Infrastruktur für Beratungen, um etwa Vertraulichkeit gewährleisten und Unterlagen sicher verwahren zu können | |
| Platz für eine Homepage im Intranet | |
| Konto für Sachaufwand, etwa für Gebärdendolmetscher | |
| Unterstützung durch den Betriebsratsvorsitzenden und seine Stellvertreter bei Besprechungen mit Bereichsleitung und Personalabteilung |
Teilweise sind das durch das Gesetz gedeckte Forderungen, teilweise bedürfen sie eines Beschlusses des Betriebsrates.
Erstellt am 23. Mai 2004.
Präsentiert in der Sitzung des [ ... ]-Betriebsrates am 25. Mai 2004
Zuletzt aktualisiert am 3. November 2011